Wie auch in den vergangenen Jahren trafen sich die deutschsprachigen TOC (Theory of Constraints)-Experten, -Anwender und -Interessenten in Heidelberg bei der TOC4U Tagung. Neben anregenden Diskussionen und entspanntem Netzwerken wurde auch eine Reihe interessanter Vorträge gehalten, deren Zusammenfassungen wir Ihnen in drei Teilen, beginnend heute, präsentieren wollen (Berichterstattung von Christiane Haase):
Visionär Denken und couragiert Handeln
Josias Witulski, Otto Fuchs KG, stellt zunächst sein Unternehmen vor und beschreibt die klassischen Probleme bei der Projektplanung kurz und knapp: "Sie ist stets zu knapp kalkuliert". Die einzelnen Mitarbeiter bauen lange Puffer ein, so dass die Planung nie realistisch ist. Nach der Durchführung von TOC-Workshops mit der Geschäftsleitung sowie den am Projekt Beteiligten werden Maßnahmen ergriffen, um das Multitasking einzustellen und Projektabschnitte wirklich konsequent und ohne Störfaktoren von außen abzuarbeiten. So können Prozessabläufe realistischer kalkuliert, verlässlicher geplant und Zusagen gegenüber dem Kunden eingehalten werden. Konstrukteure arbeiten seitdem in 2er-Teams. Der „ZwiDu“ wird kreiert, d.h. ein Konstrukteur arbeitet ohne Ablenkung, während sein „Partner“, die "ZwiDu" (die Zwischendurch-Aufgaben) abfängt, um seinen Kollegen in Ruhe arbeiten zu lassen. Diese Form der Arbeit hat sich bewährt.
Ein weiteren Umbruch gibt es im Vertrieb: Bevor eine Fertigung beginnen darf, muss der Vertrieb alle erforderlichen Informationen einholen. Vorher wird kein Projekt gestartet.
Innerhalb des Unternehmens werden Regeln für alle Stakeholder festgelegt, eine wöchentliche Aktualisierung und Priorisierung anhand von Portfolios vorgenommen. Herr Witulski beschreibt diese Vorgehensweise selbst als „brutal direkt“, aber nur so könne wirklich ein Umdenken im Unternehmen erfolgen. Die Dynamik in der Bearbeitung von Projekten ist für viele zunächst gewöhnungsbedürftig, zahlt sich aber langfristig aus.
TOC in der Produktion- eine einfache Lösung für eine komplexe Problematik
Rudolf Rackerseder, Geschäftsführer der Firma Roemheld GmbH, beschreibt eindrucksvoll und mit viel Humor, wie sich das Unternehmen von einer auslastungsorientierten zu einer auftragsorientierten Produktion entwickelt hat. Schon kurz nach Anwendung der Theory of Constraints in der Produktion, erkennt die Unternehmensführung sehr schnell, dass nicht die Auslastung der Maschinen relevant ist, sondern die zuverlässige Auslieferung der Produkte. Ein Team, zusammengesetzt aus allen Ebenen des Unternehmens, überprüft daraufhin sämtliche Prozesse und passt sie entsprechend an. So können nach Klärung aller Projektdetails Produktionszeiten verkürzt und Lagerbestände reduziert werden. Das Unternehmen nennt es das „Heiße-Kartoffel-Prinzip“ – sobald man das Projekt „in Händen hält“, muss es so schnell wie möglich weitergegeben werden.
TOC als Unternehmensstrategie – Gesamtimplementierung von TOC in einem Produktionsunternehmen
Paul Seifriz, Alkyone und externer Berater bei Atlanta Antriebssysteme, beschreibt ebenfalls eindrucksvoll die Prozesse, die das Unternehmen durchlaufen hat, um die Produktivität (mehr Durchsatz) bei gleichzeitiger Senkung der Liege-Kosten zu steigern. Dabei geht es um die zentrale Frage: Was hindert das Unternehmen daran, mehr Geld zu verdienen? Das Umdenken erfordert das Synchronisieren von internen und externen Abläufen und die Analyse der folgenden Punkte:
•Physikalischer Engpass – Maschine
•Politischer Engpass – Strategie/Vorgabe
•Psychologischer Engpass – Nicht-Nachvollziehbarkeit bei Mitarbeitern/Führungspersonen
Ein Umdenken kann nur TOP-DOWN erfolgen, d.h. ohne die Beteiligung der Geschäftsführung ist eine Prozessänderung in den meisten Fällen nur Makulatur. Schon alleine sich de Frage zu stellen: Was kostet eine verlorene Stunde am Engpass" half, sich den Nutzen der Veränderung klar zu machen.
Paul Seyfriz zeigt den Zuhörern, wie sich die Veränderung auch in "harten Zahlen" niederschlägt. So konnte der Durchsatz deutlich erhöht werden, die Liegezeiten wurden in fast allen Abteilungen signifikant reduziert und die rückständigen Aufträge gingen nach einiger Zeit fast gegen null.
Posted from Thomas Ofenloch, 24.11.2015 14:44 TOC4U